Esch und seine Boxer

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Bis zur Fusion 1990 zählte Esch zwei Boxvereine: Den am 21.12.1921 gegründeten Boxing Club und dem am 25.1.1931 ins Leben gerufenen CS Olympic. Vor allem der BC war in den Anfangszeiten ein Eckpfeiler des Luxemburger Boxens und Gründungsmitglied des nationalen Boxverbands FLB.

 

Vorkriegszeit

Als Boxer versuchte sich beim BC unter anderem der spätere Bürgermeister Arthur Useldinger. An den Olympischen Spielen 1924 nahmen gleich fünf BC-Boxer teil, Jules Steichen, Pierre Feidt, Jean „Mingo“ Flammang, Mich Maurer (80 Siege in 85 Amateurkämpfen und anschließend eine bemerkenswerte Profikarriere) und  Jean Welter, der insgesamt 135 Kämpfe bestritt, darunter ein Halbschwergewicht-Duell in Esch gegen Max Schmeling. Gegen den späteren Weltmeister und Deutschen Boxheroen verlor Welter knapp nach Punkten.

 

Prägend im Escher Boxsport war zu dieser Zeit bereits die Familie Wollscheid. Zu Beginn des Jahrtausends war es Fritz Wollscheid, der sich als Profi einen Namen machte. Sein Sohn André, genannt "Wolly", hatte zum Ende seiner Karriere eine bemerkenswerte Kampbilanz aufzuweisen: Von 186 Kämpfen gewann er 139, 26 endeten mit einem Unentschieden. "Wollys" Auftritt bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin blieb lange in Erinnerung, als er hauchdünn nach Punkten dem späteren Silbermedaillengewinner Stepulow aus Russland unterlag. Nach seinem Karriereende 1949 blieb er als Trainer und Dirigent einer der Hauptpfeiler in der Geschichte des Boxing Club Esch. Weitere große Boxer des BC Esch waren zu dieser Zeit der schlaggewaltige Jim Graser (Luxemburger Schwergewichtsmeister von 1933 bis 1946, 18 Profikämpfe/13 Siege) oder Fernand Ciatti. Seinen Stempel auch in Esch drückte Luxemburgs bester Boxer dieser Zeit, Emile Konter, auf. Der zweite Weltkrieg verhinderte allerdings eine noch ruhmreichere Karriere von Konter.

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50er Jahre

Auch nach dem Krieg gehörte der BC zu den aktivsten Klubs im Land und brachte in den 1950er Jahren Boxer wie den Wahl-Escher Raymond Stroppa (später Trainer) hervor. Jedoch kam es zu einer Verminderung der Box-Aktivitäten in Esch, als Ende zum Ende des Jahrzehnts das „Nouveauté-Palace“, wo die meisten Meetings organisiert wurden, abgerissen wurde.

 

60er und 70er Jahre

Im Wechsel sowie gemeinsam mit dem BCE organisierte der CS Olympic in den 1960er und 70er Jahren Meetings mit hochkarätigen Profikämpfen, wobei der Escher Manager Camille Kribs (Olympic) respektive Nic. Boes (BCE in den 70ern) ihre Schützlinge dem Publikum präsentierten. Ray Philippe, der vielleicht populärste Boxer der Luxemburger Boxgeschichte, bestritt so über 20 seiner 67 Profikämpfe in Esch.

 

 

 

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Ray Philippe

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Rafael Paoletti, Schützling von Manager Nic. Boes

Zwischen 1976 und 1978 gewann der Boxing Club dreimal in Folge den Challenge Toussaint und den Challenge Sancassiani. Bekanntester Boxer war Fred Serres, der später als Profi mit seinen EM-Kämpfen gegen den Holländer Koopmans für Aufsehen sorgte. Serres startete und beendete seine Profikarriere in Esch, jeweils mit einem Punktsieg.

Etwas im Schatten des Boxing Club stand oftmals der Olympic, dabei brachte der Klub ebenso exzellente Boxer hervor. Allen voran Freds Vater Jeng Serres, der in den 1940er und 50er Jahren 43 Profikämpfe bestritt.

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Oder Ray Cillien, der als Amateur zwölf Jahre lang in nationalen Titelkämpfen ungeschlagen blieb und anschließend eine bemerkenswerte Profikarriere hinlegte. Die führte ihn 1962 nach Abidjan, wo er knapp gegen Kouamé Yao verlor, sich aber in das Land verliebte und fünf Jahre später in die Elfenbeinküste auswanderte. 

Vor Rückschlägen war man beim Olympic allerdings nicht gefeit. 1966 starb mit Demy Bergagna der amtierende Präsident, drei Jahre später Boxer Johny Weber nur 36 Stunden nach einem Kampf.

 

80er und 90er

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Clément Tshinza

So richtig bergab ging es mit den Escher Boxvereinen ab den 1980er Jahren. Zu Beginn des Jahrzehnts zählte der CSO nur noch drei aktive Boxer. Für etwas Aufsehen sorgten "importierte" Profis, vor allem die Fraktion aus dem Zaire. In den 70er Jahren hatte Marc Mabenga den Anfang gemacht, es folgten stadtbekannte Namen wie Shako Mamba, Pierre Kabassu und Clement Tshinza, der später Kneipier wurde und sein Café an der rue de Remparts betrieb (heute Babbocaffè).

 

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Der Kneipier Clément Tshinza

 

Schon zuvor hatten die Manager Kribs und Boes einige Profis von europäischen Rang (u.a. Europameister Yvan Prebeg, Mikan Popovic, Raffaele Paoletti) in Esch in den Ring geschickt. Die Luxemburger machten sich derweil rar im Ring. Letzter Profi von Rang war Rocco Cavuoto, der seine ebenso kurze wie erfolgreiche Profikarriere 1986 beendete.    

 

 

Das Ende

Die Meetings wurden immer seltener. 1990 dann fusionierten Olympic und BC zum Boxing Club Olympic Esch. Die Probleme aber blieben, so dass der Verein 1994 aufgelöst wurde und Esch lange 22 Jahre ohne Boxverein dastand. Das, obwohl die Minettemetropole über Jahrzehnte hinweg Luxemburgs Box-Hauptstadt war und Meetings vor bis zu 4.000 Zuschauern im Jeunesse-Stadion auf der "Escher Grenz" worden waren.

 

Der Neuanfang

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Im Mai 2016 war die Durststrecke endlich beendet, der Boxclub Esch wurde aus der Taufe gehoben. Und so ist es nur noch eine Frage der Zeit, ehe ein in Esch lizenzierter Boxer in einem offiziellen Kampf in den Ring steigt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Text: Philip Michel (Journalist in Tageblatt und Gründungsmitglied des Boxclub Esch) 

Fotos: Tageblatt-Archiv, La Boxe au Grand-Duché du Luxembourg  

Fußnote: Dieser Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für alle Anmerkungen, Ergänzungen und auch historisches Zeitdokumente ist der BC Esch dankbar. Bitte melden unter https://www.facebook.com/BoxclubEsch/ oder aber Telefon (691 20 20 31).

 

 

 

Quellen:

- Sternstunden des Luxemburger Sports, Band II - Henri Bressler, Armando Bausch - 1989 - Editions Saint-Paul

- La Boxe au Grand-Duché du Luxembourg - Pierre Back - 1997

- 100 Joer Esch - 2005 - Editions Guy Binsfeld

- Archiv Tageblatt

- boxrec.com